„Ich bin nicht so optimistisch, aber ich glaube, es müsste eigentlich darum gehen, eine Gegenerzählung zu erschaffen, und zwar ganz unabhängig davon, welche Politik gemacht wird. Und zwar eine Erzählung der Einheit. Weil natürlich verbindet alle Menschen in Deutschland viel mehr, als sie trennt.“ So Gilda Sahebi in ihrem Beitrag „Vogliamo una vita bella“ bei der Veranstaltung „Das Recht auf Bewegungsfreiheit verteidigen!“ Wir waren als Netzwerk Mitveranstalter neben der Tübinger medico Gruppe und medico international. Gilda Sahebi beschreibt das Narrativ der Spaltung. „Die Grundlage dieser Erzählung, dass Migration Deutschland schadet, ist das alte rassistische Narrativ: „Wir gegen die“, also „hier die Deutschen, dort die Ausländer“. Und diese Erzählung sitzt in Deutschland sehr tief.“
Der Beitrag von Gilda Sahebi ist als Gastkommentar in diesem Newsletter abgedruckt. Der Mittschnitt der kompletten Veranstaltung steht zum Download zur Verfügung (siehe unten). Darin auch die beeindruckenden Gespräche mit Aktivist*innen aus der Sahelzone und Marokko, die sich dort der Kriminalisierung der Bewegungsfreiheit entgegenstellen.
Wer von euch am Jahresende noch Geld zu verteilen hat: der „Fonds für Bewegungsfreiheit verbindet die konkrete Solidarisierung mit kriminalisierten Geflüchteten mit einer Intervention in den Diskurs und ist ein kleiner erster praktischer Schritt einer Gegenerzählung: Fonds für Bewegungsfreiheit.
Wir können in diesem Newsletter noch einen zweiten, etwas anderen Gastkommentar anbieten. Astrid Messerschmidt hat uns das „ergänzungsbedürftige“ Arbeitspapier Sprechen über Israel, den Nahostkonflikt und Antisemitismus in der deutschen Migrationsgesellschaft zur Verfügung gestellt und etwas theoretisch gerahmt. Sie will damit eine Diskussion anregen, wie eine kritische Bildungsarbeit dazu beitragen kann, in den aktuellen Gewaltverhältnissen sprachfähiger zu werden?
Am letzten Newsletter hatten wir an dieser Stelle auf die Kampagne für ein Landesantidiskriminierungsgesetz verwiesen und dort schon berichtet, dass die zivilgesellschaftlichen Stimmen in der aktuellen politischen Situation schwer Gehör finden. Wir hatten Vertreter*innen der Berliner Senatsverwaltung zu einer Veranstaltung und einem Pressegespräch eingeladen, um die Vorwürfe, das Gesetz sie mit einem unangemessenen Bürokratieaufbau verbunden, einen Faktencheck zu unterziehen. Über das Pressegespräch des breiten zivilgesellschaftlichen Bündnisses von Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbänden und Interessenvertretungen wurde aber in der Presse nicht berichtet. Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Die Presse hatte in den Wochen zuvor über jede Mitteilung des Beamtenbundes, oder der Kommunalverbände gegen das Gesetz ausführlich berichtet, hat den völlig aus der Luft gegriffenen Begriff des „Bürokratiemonsters“ einfach übernommen, ohne ihn zu prüfen, hat ausführlich über innerparteiliche Konflikte berichtet, aber keine Zeile zu unserer Argumentation. Gegen den Vorwurf des Bürokratieaufbaus ist es in diesen Zeiten offensichtlich schwer, noch Politik zu machen. Das Bündnis gibt aber nicht auf. Sie finden in diesem Newsletter den Mitschnitt der Veranstaltung und einen Faktencheck.
Wir hoffen, dass ihr durch die Beiträge dieses Newsletters in Eurer Arbeit unterstützt und angeregt werdet.
Liebe Grüße
das Redaktionsteam
46. Newsletter „Rassismuskritische Migrationspädagogik“ – Dezember 2024:
PDF-Datei (480,5 kB)
Das Netzwerk Rassismuskritische Migrationspädagogik Baden-Württemberg versteht sich als Forum von Menschen aus den Feldern Soziale Arbeit, Schule, Bildung/Weiterbildung, Hochschule sowie angrenzenden Professionen, die sich fachlich und (fach-)politisch in den Feldern Soziale Arbeit, Schule, Weiterbildung – und auch darüber hinaus – einmischen und dort Rassismus selbststärkend, reflexiv-kritisch und wenn nötig auch skandalisierend zum Thema machen.
Das Netzwerk informiert mit diesem Newsletter Interessierte in Abständen von circa zwei Monaten über aktuelle Entwicklungen, Veranstaltungen und Publikationen in den Feldern der Rassismuskritik und Migrationspädagogik.
Der Newsletter erreicht bundesweit über 2300 Adressen und wird weitgehend ehrenamtlich erstellt. Die Auswahl der Beiträge lebt auch von den Empfehlungen (info@rassismuskritik-bw.de), die bei uns eingehen, und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Redaktion: Andreas Foitzik, Sabine Pester und Axel Pohl