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42. Newsletter „Rassismuskritische Migrationspädagogik“

Astrid Messerschmidt schreibt in ihrem Gastkommentar für diesen Newsletter: „Die der­zeitige Kriegssituation ist moralisch und politisch unerträglich. Das Leid der ermordeten und verschleppten Israelis und das Leid der vielen Opfer in der Zivilbevölkerung im Gaza-Streifen bedeutet für alle Betroffenen einen Weltuntergang und kann nicht gegeneinander aufgerechnet werden. Auch dafür bieten Rassismus- und Antisemitismuskritik Reflexions­hilfen, um das Denken und die Sprachfähigkeit nicht aufzugeben, wenn Gewalt die Gegen­­wart bestimmt.“ Sie greift auf „grundlegende Überzeugungen und begründete Haltungen“ zurück in Zeiten, in denen „aktuelle Gewaltereignisse alles zu überwältigen scheinen, was bis dahin gegolten hat“.

Sie leistet in diesem angenehm unaufgeregten und inhaltlich klaren Text einen Beitrag zu einer der kritischen Fragen, die uns nach der letzten Ausgabe des Newsletters erreicht hat. Eine Kollegin schrieb, dass sie „immer den Eindruck hatte, dass Antisemitismus eine Lücke (in der Rassismuskritik) darstellt und auch nicht transparent ist, ob Antisemitismus unter Rassismus subsumiert wird“. Sie fordert mehr Anstrengung, Rassismus- und Antisemtismuskritik in Zusammenhang zu bringen.

Eine andere Zuschrift eines langjährigen Mitglieds unseres Netzwerks kritisierte die Auswahl der Texte. Den für sie sehr problematischen „Brief aus Berlin – kritische Wissen­schaftler*innen an die deutsche Politik und Öffentlichkeit“ hätten wir verlinkt ohne auch beispielsweise kritische Reaktionen wie die von Max Czollek https://twitter.com/rubenmcloop/status/1721486310798508417 ebenfalls zu verlinken. Wer alles diesen Brief unterzeichnet habe, hat sie „in dem schon lange schwelenden Gefühl bestätigt, dass in rassismuskritischen Zusammenhängen keine Bereitschaft für eine tiefergehende Auseinandersetzung mit Antisemitismus besteht und gleichzeitig eine dringende Notwendigkeit dazu“.

Mit der Veröffentlichung des Offenen Briefes jüdischer Intellektueller würden in unsäglicher Weise „immer wieder ganz bestimmte jüdische Stimmen als Kronzeug*innen verwendet werden, für extreme und aus meiner Sicht einseitige Positionen“. Und dies, ohne die damals schon vorhandenen kritische Reaktionen auf diesen Brief ebenfalls abzudrucken.

Wir freuen uns über diese kritischen und durchwegs konstruktiv formulierten Rückmeldungen, nehmen sie uns doch an dem von uns im Editorial formulierten Anspruch ernst, in dem wir Räume gefordert haben, „in den wir wieder üben, miteinander zu sprechen. In denen wir auf Positionen des Gegenübers, auch wenn wir sie in einer emotional angespannten Situation nur schwer ertragen, mit „und“ und nicht nur mit „aber“ reagieren. In denen wir davon ausgehen, dass wir nicht immer verstehen können, wie die*der Andere zu dieser Position kommt.“

Diese Rückmeldungen haben bei uns grundsätzliche Fragen zu den Produktionsbedingungen des Newsletters aufgeworfen. Vermutlich haben da viele Leser*innen ein falsche Vorstellung. Der Newsletter wird seit vielen Jahren ca. fünfmal im Jahr von drei Menschen – abgesehen von einer kleinen Aufwandsentschädigung für das Aufarbeiten der Meldungen – ehrenamtlich und „am Feierabend“ erstellt. Es gibt für den Newsletter keine Redaktion, die diskutiert, welche Texte wir aufnehmen und welche nicht. Es gibt keine Redaktionstreffen. Wir schreiben eine Gruppe von Kolleg_innen aus dem Netzwerk und uns nahestehenden Institutionen und Netzwerken an, und bekommen von diesen Kolleg*innen Vorschläge für Aufrufe, Veranstaltungen, Materialien. Die übernehmen wir dann meist – wir wollen nicht sagen „ungelesen“, aber zumindest nicht gründlich gelesen und abgewogen. In jedem Fall stehen wir als Herausgeber*innen nicht hinter den Inhalten der Texte, sondern wollen ein Spektrum abbilden.

Anders wäre das für uns nicht zu leisten. Aber dies enthebt uns nicht der Verantwortung und auch nicht der Kritik. Gerade nach den Rückmeldungen zum letzten Newsletter stellt sich für uns die ernsthafte Frage, ob wir das so noch weiter machen wollen (können?), insbesondere wenn wir Schwerpunktthemen mit einem hohen Potential an Verletzung und Irritation wählen.

Damit werden wir uns im kommenden Jahr beschäftigen müssen.

Wir bedanken uns an dieser Stelle sehr für die vielen wohlwollenden, dankbaren und/oder kritischen Rückmeldungen, für eure Unterstützung bei der Produktion und für das „Weiterempfehlen“ des Newsletters, ohne das die ständig steigenden Abonnements-Zahlen kaum erklärbar wären. Dies zeigt uns auch, dass dieses Format irgendwie funktioniert.

Euch allen eine gute Zeit zwischen den Jahren. Passt auf euch auf.

Andreas Foitzik, Sabine Pester und Axel Pohl

Download 42. Newsletter „Rassismuskritische Migrationspädagogik“ – Dezember 2023:

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Das Netzwerk Rassismuskritische Migrationspädagogik Baden-Württemberg versteht sich als Forum von Menschen aus den Feldern Soziale Arbeit, Schule, Bildung/Weiterbildung, Hochschule sowie angrenzenden Professionen, die sich fachlich und (fach-)politisch in den Feldern Soziale Arbeit, Schule, Weiterbildung – und auch darüber hinaus – einmischen und dort Rassismus selbststärkend, reflexiv-kritisch und wenn nötig auch skandalisierend zum Thema machen.

Das Netzwerk informiert mit diesem Newsletter Interessierte in Abständen von circa zwei Monaten über aktuelle Entwicklungen, Veranstaltungen und Publikationen in den Feldern der Rassismuskritik und Migrationspädagogik.

Der Newsletter erreicht bundesweit über 2300 Adressen und wird weitgehend ehrenamtlich erstellt. Die Auswahl der Beiträge lebt auch von den Empfehlungen (info@rassismuskritik-bw.de), die bei uns eingehen, und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Redaktion: Andreas Foitzik, Sabine Pester und Axel Pohl

 

Spendenaufruf von adis e.V.

Unser Trägerverein adis e.V. braucht dringend Geld für den dringenden Ausbau der Trans*Beratung und die Fortführung seines Jugend­empowermentprojektes TALK, über das wir hier immer wieder berichtet haben. Mehr Informationen zu diesen Spendenkampagnen am Ende des Newsletters oder unter https://adis-ev.de/spenden.